Des Rätsel’s Auflösung – Wir sind in Georgien

Unsere ursprüngliche Fähre hatte ja bekanntlich einen Maschinenraumbrand, weshalb wir zwei Alternativen zur Auswahl gestellt bekamen:
– Türkei am 24.6.
– Georgien am 27.6.

Weil wir uns schon zu sehr auf Georgien freuten und auch schon eine grobe Routenplanung erstellt haben, entschieden wir uns diesen Plan beizubehalten. So buchten wir für die weiteren Tage in der Stadt ein Airbnb, wo wir noch etwas für uns waren und Beni ein paar Stunden in Ruhe arbeiten konnte. 

Einmal mehr stellten wir fest, dass wir definitiv keine Stadtmenschen sind. Dicke Luft, Lärm, posierende Influencer und gestresste Menschen, für uns fühlt sich Erholung anders an und wir wären gerne nach 2-3 Tagen wieder aufs Velo gestiegen und raus in die Natur.

Trotzdem haben wir versucht das Beste aus der Zwangspause in Odessa zu machen. So haben wir die kulinarische Vielfalt ausgiebig ausgekostet und haben uns durch alle „Länder“ gegessen 😋.

Sehr zu Beni‘s Freude ist Odessa eine Katzenstadt 😃. Es gibt sehr viele halb-obdachlose Katzen, sie werden von den Anwohnern gefüttert und gestreichelt. Oft bekommen sie sogar kleine Katzenhäuschen zum Übernachten.

Viel angenehmer wie die streunenden Hunde auf dem Land, die einem immer bellend nachrennen 😅.


Genau ein Monat durften wir in der wilden Ukraine verbringen, es ist Zeit für eine Zusammenfassung und einige Eigenheiten:

  • Hilfsbereitschaft: Unser erster Eindruck hat sich während des ganzen Monats bestätigt und zwar, dass die Menschen sehr hilfsbereit, interessiert und freundlich sind. Wir wurden zweimal von der Strasse weg eingeladen für Übernachtung und Mahlzeiten. Auch wurden wir zweimal beschenkt, einmal in einem kleinen Laden, als wir Kaffee und Snacks spendiert bekamen und ein andermal als Beni seine Hinterbremse zum Entlüften ins Fahrradgeschäft brachte, wurde ihm dies nicht in Rechnung gestellt. Sie offerierten sogar Tee und Kaffee und als Sahnehäubchen erhielten wir noch einen neuen Bidon geschenkt.
  • Strassen: Man muss sich bewusst sein, dass wenn man die wenigen Bundesstrassen verlässt, es kein zurück mehr gibt 😅.
  • Essen: Das lokale Essen ist meist sehr einfach, schmackhaft und sehr günstig (z.B. Mittagsmenü inkl. Salat und Suppe mit Getränk CHF 10.-/Person). Sobald man aber die grossen Städte verlässt, ist es schwierig überhaupt Restaurants zu finden. Das Gute ist aber, dass es praktisch in jedem noch so kleinen Dorf mindestens 1 Minimarket hat. Diese führen meist ein kleines saisonales Angebot an Gemüse, Früchte und Snacks und haben oft 24h geöffnet.
  • Sauberkeit: Einziger Negativpunkt sind die Abfallberge, die etwas versteckt oder auch an abgelegenen Grillplätzen anzutreffen sind. So fühlt man sich beim Wildzelten oft nicht sehr wohl.
  • Trinkwasser: Das Hahnenwasser kann nicht überall getrunken werden, man sollte sich vorher immer informieren. Da wir uns meistens abseits der grossen Städte fortbewegt haben, trifft man manchmal auf Wasserquellen am Wegesrand oder häufiger auf Ziehbrunnen, bei denen man sich am besten bei den Anwohnern über die Qualität erkundigen sollte. In den grösseren Städten haben wir die Erfahrung gemacht, dass man Wasser traurigerweise kaufen muss, ausser in Odessa gibt es mehrere Stellen, wo man Quellwasser abfüllen kann. Dort trifft sich dann jeweils das halbe Quartier mit 20 Liter Kanister.

Nach langen 8 Tagen in Odessa machten wir uns endlich auf den Weg zur Fähre. Diese fährt zwar erst um Mitternacht, das „Check-in“ oder wilde Chaos begann aber schon um 16 Uhr. Zuerst haben wir uns gefragt wieso das ganze Boarding 8 Stunden dauert, nun wissen wir es 😂! Begonnen hat es, dass die Frau am Ticketschalter uns auf Google Maps einen falschen Standort für das Check-in zeigte. So landeten wir am LKW Check-in, wohin sich auch ein anderer Tourist im Auto, verirrte. Der Hafenmitarbeiter erklärte dem Autofahrer den Weg und wir sollen ihm folgen. 10 Minuten später, erneut völlig am falschen Ort, hiess es dann für uns, alles wieder zurück. Nochmals falsch abgebogen und dann endlich nach über einer Stunde am richtigen Check-in angelangt. Dort angekommen, wunderten wir uns wie die anderen diesen Ort gefunden hatten, da es auf dem Weg dorthin keinen einzigen Wegweiser gab. 

Um 18 Uhr sollte gemäss Ticket dann das eigentliche Boarding beginnen. Sollte…
Es kam und ging immer wieder ein Beamter vorbei, der etwas auf ukrainisch mitteilte, jedoch wusste niemand Bescheid wie es jetzt weiter geht. Schlussendlich mussten dann alle die Pässe am 1. Schalter vorweisen und nach drei weiteren Stationen inklusive Gepäckkontrolle konnten die meisten an Bord. Da unser PCR-Test ja aber aufgrund der stornierten Fähre abgelaufen war, hat uns die Fährenfirma angeboten, den Test kostenlos vor Ort nochmals durchführen zu lassen. Sie haben dafür extra für uns und einen weiteren Mann eine Ärztin aufgeboten. Nur mit dem Durchführungsort des Tests waren sie sich uneinig. So eskortierte uns der Hafenmitarbeiter im Zick-Zack einmal quer durch das gesamte Hafengelände 🤣.

Den PCR-Test endlich geschafft, durften wir die Fähre befahren und auf den Einweiser für unsere Velos warten. Dies dauere nur 5-10 Minuten. Alle 20 Minuten kam die Rezeptionistin und teilte uns mit, dass sich der Chef-Einweiser noch etwas verspäte. 1 1/2 Stunden später kam er dann wirklich 😲, meinte es gebe keinen offiziellen Platz zur Deponierung der Velos, wir sollen sie aber quasi direkt neben uns platzieren (als hätte uns dies vorher niemand anderes sagen können). Alle anderen schon frisch geduscht und bereit für das Nachtessen, schafften wir es auch noch aufs Zimmer.

Der aufmerksame Leser hat sicher bemerkt, dass das mit dem PCR-Test nicht sehr viel Sinn ergibt 🙈. Das Resultat erhalten wir ja dann beim Einfahren in den Hafen von Georgien, weil wir da wieder Internetverbindung haben. Nimmt uns ja wunder, was sie machen, wenn wir positiv getestet würden. Müssen dann sämtliche Passagiere in Quarantäne?

Zur langen Boardingzeit trägt sicher auch noch dazu bei, dass die meisten Passagiere LKW-Fahrer sind und die ganzen Lastwagen sicher einparkiert werden müssen.

Die Überfahrt startete eine Stunde verspätet um 1:00 Uhr und verlief bis auf eine mehrstündige Auseinandersetzung unter betrunkenen Truck-Fahrern, welche in einer Schlägerei gipfelte reibungslos. Dem „verletzten“ offerierten wir einen Schweizer Nescafé, was ihn sichtlich glücklich stimmte.

Nach 38h mit jeweils drei inkludierten Mahlzeiten am Tag erreichten wir endlich Poti 🥳. Für die Passkontrolle kamen drei Grenzbeamte an Bord. Schnell stellte sich heraus, dass auch sie mit den sich ständig ändernden Corona-Einreisebestimmungen zu kämpfen hatten. Doch allen waren sehr nett, sogar der Captain organisierte über seinen Hotspot eine Internetverbindung, um den Passagieren das Ausfüllen eines Formulars zu ermöglichen. Geduld muss man mitbringen, auch dieser Vorgang dauerte 2h.

An Board trafen wir endlich mal auf andere Langzeitreisende mit welchen wir uns über Georgien und die vielen Hügel / Berge unterhalten konnten. Dies führt uns zu einem Tipp, den wir schon lange mit euch teilen wollten:

Was wenn der Partner sehr viel sportlicher ist? Kann das auf einer Velo-Weltreise überhaupt funktionieren?

Da Beni konditionell einen grossen Trainingsvorsprung hat, haben wir ein elastisches Abschleppseil (ca. 5m, in jedem Baumarkt erhältlich) eingepackt. Dies hat sich sehr bewährt. So konnte sich Beni noch auspowern, wenn Nicole’s Kräfte nachliessen. Wir konnten dann noch ein paar Kilometer weiter fahren und schlussendlich beide zufrieden und erschöpft ins Bett.

Doch schon nach wenigen Wochen hat Nicole so viel mehr Ausdauer, dass wir das Abschleppseil kaum noch benötigen.
Ich bin richtig stolz auf meinen Schatz 😊❤️!

Das Anbringen des Seils erfolgt so (siehe Galerie):


Unsere Reise führt uns nun entlang des Schwarzen Meeres nach Batumi, dann schauen wir weiter 😃!

4 Kommentare zu „Des Rätsel’s Auflösung – Wir sind in Georgien“

  1. Silvan Peterhans

    Meine Lieben,
    Bis ans Schwarze Meer habt ihr es jetzt geschafft, ich gratuliere! Ich bin froh, dass es euch gut geht und ihr uns immer mit euren Berichten – welche ich immer voller Interesse lese – à jour haltet. Wenn’s geht, macht mir doch in Odessa noch ein Foto von der Potemkinschen Treppe. Die kommt ja im Film „Panzerkreuzer Potemkin“ von Sergej Eisenstein vor, wo ein Massaker geschieht und der berühmte Kinderwagen die Treppe hinabrollt. Lohnt es sich, Odessa zu besuchen?
    Geniesst die Zeit, sowas kommt vielleicht nie wieder! Herzlich grüsst Silvan

    1. Vielen Dank Silvan!
      Odessa ist riesig und es gibt sicher viel zu sehen, günstiges Essen und viel Unterhaltung.
      Wie wahr wir versuchen jeden Tag zu geniessen 😃.
      Alles Gute
      Beni & Nicole

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