Georgien – Hoher Kaukasus Runde, Teil 2

Weiter geht es mit unserer Runde im Hohen Kaukasus, über die wir im Teil 1 bis und mit Mestia berichteten.

Nur 46 km von Mestia entfernt liegt Ushguli, unser nächstes Highlight. Es handelt sich hierbei um den Ort, in dem der Film DEDE (den wir im Teil 1 erwähnt haben) gedreht wurde.
Um dorthin zu gelangen, müssen wir leider die asphaltierten Strassen verlassen und mit Schotterpisten Vorlieb nehmen. Wir kommen nur langsam voran. Die Strasse, die Hitze und die Höhenmeter zehren an unseren Kräften, weshalb wir dann kurz vor Ushguli einen vermeintlich ruhigen Platz zum Schlafen ausfindig machten. Vermeintlich deshalb, weil kurz nach unserer Ankunft und als wir gerade mit dem Kochen beschäftigt waren, eine Horde Jugendlicher mit einem Fussball in der Hand die Wiese stürmte. So viel zum Thema, dass immer dann, wenn wir irgendwo sind, plötzlich aus dem Nichts eine Ansammlung von Menschen auftaucht 😄. Zwei Teenager forderten uns zum Fussballspiel auf. Leider köchelte unser Essen gerade vor sich hin und wir waren beinahe am verhungern, somit mussten wir leider ablehnen. Vielleicht besser so, sonst hätten sie mit uns im Team haushoch verloren 😂.

Von Kuhglocken aufgeweckt, standen wir in Sekundenschnelle draussen auf der Wiese bereit für die Verteidigung unseres Zeltes. Wir wechselten uns gegenseitig ab mit der Frühstücks-Zubereitung und dem Vertreiben der Kühe. Sie waren nämlich an unseren Velos, dem Essen und unserem Zelt gleichermassen interessiert.

Über Stock und Stein ging es weiter nach Ushguli, als direkt neben uns ein Minivan anhielt. Nicht schlecht schauten wir aus der Wäsche, als uns erneut Morgane, Jean-David und Mirabelle (die Schweizer Veloreisenden mit Kind) etwas frustriert aus dem Inneren des Autos begrüssten. Eine Achse ihres Veloanhängers hat wenige Meter vor der Passhöhe den Geist aufgegeben. Sie waren gezwungen, per Anhalter zurück nach Mestia zu fahren – so schade, blöder hätte es nicht laufen können.

Vor uns erblickten wir nun Ushguli. Durch unsere Augen betrachtet ist das Dorf mit seinen zahlreichen verlassenen und verfallenen Türmen, umringt von den Bergen, viel ursprünglicher als Mestia.

Nach einem traditionellen Mittagessen, einem Lobiani, das ist ein mit Bohnenmousse gefülltes Brot 😋, fuhren wir Richtung Zagari-Pass weiter. Zu Beginn noch unter jubelndem Beifall russischer Touristen, später dann ohne eine Menschenseele umringt von unglaublicher Szenerie. Über das App iOverlander, mit welchem man Informationen wie z.B. Wasserquellen und Wildcampingplätze finden kann, haben wir gesehen, dass sich 100 Meter über der Passhöhe ein Wildzeltplatz neben einer Kirche befindet.
Auch das Wetter spielte mit, so trauten wir uns das Zelt an diesem exponierten Ort und oberhalb der Baumgrenze auf über 2’700 m.ü.M. aufzustellen. Wie in den Bergen so üblich, änderte sich das Wetter entgegen des Wetterberichts dann doch noch und wir hörten das erste Donnergrollen. Zu unserem Glück befand sich neben der Kirche ein Gebäude mit einem verlassenen Wohncontainer, wo wir unser Nachtlager einrichten konnten. Unser Allrounder Talent Beni „flickte“ kurzerhand noch das Fenster, so konnte es uns nicht ins warme „Stübli“ regnen.
Die Schlafqualität war trotz sicherer Unterkunft nicht besonders hoch. Nach dem Gewitter wurde es so ungewohnt still, dass wir dies auf die eine Art sehr genossen und auf die andere Art komischerweise schon beinahe das Gefühl hatten wir müssen doch irgend ein Geräusch hören. So ungewohnt ist das für uns und soo schön, dass wir diese Stille erleben durften!

Vom Pass wieder runter nach Kutaissi benötigten wir drei Tage. Die Strasse war sehr herausfordernd, gegen Ende der 2’500 hm Abfahrt kamen dann immer wieder kleine Leckerli’s, im Sinne von asphaltierten Streckenabschnitten. Diese waren zu Beginn leider immer schon nach wenigen Metern fertig.
Es scheint als wollen die Georgier Strassen-technisch etwas Unmögliches möglich machen. Auf der ganzen Strecke waren immer wieder Bauarbeiten im Gange. Sie haben im Sinn, die ganze Strecke zu asphaltieren, dies scheint uns aber als fast unmöglich, da der Untergrund ausschliesslich aus Schiefergestein und Geröll besteht. Oft fährt man und hört neben sich wie die Steine den Hang runter bröckeln 😱.
Falls die Strasse einmal wirklich vollendet sein sollte, wollen wir uns gar nicht ausmalen, wie viele Fahrzeuge dann hier entlang fahren werden. Tipp an euch, packt eure Taschen und besucht Georgien 😃. In ein paar Jahren wird es wahrscheinlich nicht mehr so ursprünglich daher kommen.

Auf den letzten Kilometern vor Kutaissi hatten wir dann doch noch unseren ersten Platten nach 4 Monaten, 3’887 km und 35’040 hm.
In Kutaissi ging es für uns direkt an den Ticketschalter am Bahnhof, wo wir für unglaublich günstige CHF 7.50 unsere Billette inkl. Velo für die 5.5-stündige Zugfahrt nach Tiflis erhielten. Bei „gemütlichen“ 40°C rumpelte der Zug gemächlich vor sich hin. Zum Glück hatten wir noch alle Wasservorräte aufgefüllt, die 6 Liter schwitzten wir auf der Zugfahrt locker in den mit Stoff überzogenen Sitz 😂😋.

Die Zugfahrt war trotz Hitze angenehmer als die Taxifahrt die wir bei der Hinfahrt erlebten.
Wir geniessen jetzt nochmals ein paar Tage in Tiflis. Anschliessen besuchen wir noch die Stadt Stepanzminda in Norden Georgiens (mit dem Bus) und planen eine 2-Tages Wanderung.

Wie es für uns nach Georgien weitergehen soll:
Da der Iran, wie auch viele weitere Länder gen Osten, die Grenzen leider immer noch zu haben, können wir uns fast nicht entscheiden, was wir machen sollen.

Unsere zwei Optionen:

  1. Durch die Türkei zurück nach Europa – da würde uns der Winter früher oder später einholen
  2. „Unserem Plan“ weiter folgen und nach Armenien aufbrechen – falls der Iran seine Grenze nicht öffnet, können wir nur wieder zurück nach Georgien oder ein Flugzeug nehmen, falls ein anderes Land wie z.B. Vietnam öffnet

No risk, no fun – wir versuchen über Armenien weiter zu kommen 😃.

Für noch mehr Einblicke in unseren Veloalltag schaut euch unser neustes Video an:

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