Je länger man kämpft, umso schwerer wird es aufzugeben

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Kurz vorab:
Lange haben wir nicht’s mehr von uns hören lassen. Das lag daran, dass wir, dieses Mal beide, einen gesundheitlichen Rückschlag erlitten haben. So fehlte uns sämtliche Motivation und Energie. Genaueres lest ihr in diesem Blog.
Doch von Anfang an.

Nachdem wir uns bei Artur, dem Arzt aus Norwegen und unserem neuen Freund, ausgeruht hatten, fuhren wir mit einem Grinsen über beide Backen endlich weiter Richtung Lofoten. Lofoten ist eine Region in der norwegischen Provinz Nordland und Teil einer Inselgruppe vor der Küste Nordnorwegens, bestehend aus etwa 80 Inseln. Wir wussten schon fast nicht mehr wie schön es sich anfühlt, gesund und munter und bei gutem Wetter Velo zu fahren!

Unser nächstes Etappenziel war Bodø, von dort aus gibt es für Velofahrer eine kostenlose Fähre (ca. 3.5 Stunden) bis nach Moskenes am südlichen Zipfel der Lofoten. Der Weg führte uns entlang von ein paar schönen Fjords, zusätzlich kamen wir in den Genuss von zwei kleineren Fährüberfahrten entlang der Strecke.

Das Glück schien wieder ganz auf unserer Seite zu sein! Nach ca. 28 km hielt eine Dame auf einem Quad direkt neben uns an und erkundigte sich, ob wir schon einen Schlafplatz hätten, wir dürften in ihrer Hütte direkt am Fjord nächtigen.
Da wir nach einer solch langen „Krankheitsphase“ das Ganze etwas gemütlich angehen wollten, nahmen wir das Angebot dankend an. Als wir uns über das Fischen unterhielten, erzählte sie stolz, dass sie jeweils im Sommer so viel Fisch fangen, dass sie das ganze Jahr über genug hätten und alles schön portioniert abpacken und in den Gefrierer stecken.
So gäbe es dann mehrmals pro Woche Fisch in diversen Variationen so z.B. auch als Fish-Cake (Fischkuchen).
Da wir uns bei bestem Willen nicht vorstellen konnten was um alles in der Welt das ist, fuhr sie kurzerhand nach Hause und holte uns eine Portion 😊. Schlussendlich schmeckten die Fish-Cakes wie Bratwurst mit einem fischigen Abgang😅.

Am nächsten Tag ging es uns blendend und als wir am frühen Nachmittag nach gerade einmal 48 km an einer bezaubernden Bucht mit Sandstrand vorbeifuhren, war das für uns wieder die perfekte Gelegenheit uns zu schonen und das Ganze langsam anzugehen. So stellten wir unser Zelt direkt am Strand auf, genossen einen der so seltenen warmen Tage und wagten uns sogar noch ins Wasser; wie herrlich!
Leider war der Spass dann aber morgens um 2 Uhr wieder vorbei, als ein heftiges, nicht angekündigtes Gewitter aufzog und uns wortwörtlich aus dem Schlaf donnerte. Da unser Zelt an einem denkbar ungünstigen Platz stand, entschlossen wir in das naheliegende Toilettenhaus zu „flüchten“ und das Gewitter da abzusitzen. Das Ganze zog sich 3 Stunden in die Länge und mit unserem Erholungsschlaf war es vorbei.

Da das Wetter wieder schlechter werden sollte, nutzten wir den nächsten, noch regenfreien Tag und fuhren 70 km und über 1’000 hm bis in das Dorf Saltstraumen, vielleicht ein Fehler? In Saltstraumen befindet sich der stärkste Gezeitenstrom der Welt. Wir hatten das Glück unser Zelt mit direktem Blick auf den Strom aufzustellen.
Leider hatten wir aber auch in dieser Nacht kein Glück und es kamen heftige Böen und Regen auf. Als Topping stolperte Nicole noch über eine der gespannten Sturmleinen, wobei dann die daran befestigte Zeltstange in zwei Stücke brach. So mussten wir die Stange im strömenden Regen provisorisch reparieren, um wenigstens noch etwas Schlaf abzubekommen.

Als das Thermometer am nächsten Morgen wieder unter 10 Grad bei herrlichem Regen anzeigte, waren wir gottenfroh, nur noch 30 km bis Bodø fahren zu müssen.
Endlich, komplett nass, in Bodø angekommen, waren wir hin und hergerissen. Wollen wir wirklich auf die Lofoten? Der Wetterbericht war so unbeständig und von dem Wetter hatten wir die Schnauze gestrichen voll. Nach langem hin und her wagten wir es dann doch und nahmen die 3.5-stündige Fähre nach Moskenes, wo wir dann unser leider noch komplett nasses Zelt im Regen aufstellen durften. Wir waren so müde, dass wir auch im kühlen Nass tief und fest schliefen, bis uns die Sonne am nächsten Morgen aufwärmte.

Es war geschafft, wir waren auf den Lofoten, unserem Ziel im hohen Norden und das bei schönem Wetter! Wir waren super glücklich und wollten die Lofoten komplett erkunden und dann gen Osten stechen, um langsam aber sicher nach Finnland zu kommen.
Doch das Schicksal wollte es leider ganz anders. Immerhin hatten wir zwei wunderschöne Tage:

Am 19. August, das ist nun fast einen Monat her, fühlte sich Nicole erneut schlagartig als hätte ihr jemand den Energie-Stecker gezogen. Auch Beni fühlte sich angeschlagen und wir entschlossen uns ZUM GLÜCK, aber schweren Herzens, am nächsten Tag erneut das Hurtigruten-Schiff von Svolvær nach Trondheim zu nehmen. So hoch im Norden ist man mit dem Velo und krank einfach am falschen Ort.
Die Fahrt dauerte 34 Stunden und kostete uns ein Vermögen. Auf der Fähre ging es uns beiden zunehmend schlechter, so schlecht, dass wir das erste Mal an einen Abbruch und die dazugehörigen Folgen dachten. Wir hatten schlaflose Nächte, es flossen so einige Tränen und wir machten uns ernsthafte Sorgen um unsere Gesundheit. Wir waren nun innerhalb von 2 Monaten sechs Mal krank.

In Trondheim angekommen, suchten wir erneut einen Arzt auf, wir wollten einfach Gewissheit.
Der Arzt konnte uns einen Grossteil unserer Angst nehmen und uns erneut etwas Hoffnung geben. Auch er meinte, es sei nichts Lebensbedrohendes, wahrscheinlich ein oder mehrere Viren, welche wir aufgelesen haben in Kombination mit den Wetterbedingungen und wir bräuchten einfach noch etwas Zeit, um zu genesen.

Wir änderten unseren Plan nochmals komplett und nahmen einen Zug nach Storlien, direkt nach der schwedischen Grenze. Wir hatten das Wetter und die Preise Norwegens einfach satt! Da sich unser Zustand aber nicht verbesserte, kämpften wir uns noch ein paar Kilometer bis zur nächsten zahlbaren Unterkunft, einem Tiny House, in dem wir uns über eine Woche auskurierten. Wir waren so erschöpft, dass wir uns jeweils nach dem Essen schlafen legen mussten und am Tag maximal 10 Minuten raus konnten.
Als wir Ende Woche das Tiny House reinigen mussten und den nächsten Zug bis nach Sundsvall nahmen, hatten wir fast einen Kreislaufkollaps.

Wir ersparen euch jetzt die ganze Geschichte, sie hat kein Ende; auf jeden Fall ging das so weiter und wir befinden uns immer noch in einer Unterkunft.

Seit fast einer Woche fühlen wir uns aber wieder deutlich besser. Bis dahin war es ein stetiges auf und ab, am einen Tag suchten wir nach Wohnungen in der Schweiz, weil wir sicher waren, dass wir abbrechen, am nächsten Tag waren wir wieder fitter und die Hoffnung kam zurück.

Bis heute wissen wir noch nicht, ob wir es nach Australien schaffen oder nicht. Die Entscheidung fällt uns so verdammt schwer! Schon einmal mussten wir unsere Reise und unseren Traum unterbrechen (damals wegen den geschlossenen Grenzen während Corona). Die Kraft nochmals nach Hause zu gehen, um auszukurieren und dann nochmals alles aufzugeben, um nach Australien zu reisen, haben wir nicht mehr. Der letzte Monat hat all unsere Reserven aufgebraucht. In Hoffnung auf Besserung kämpfen wir uns buchstäblich von Unterkunft zu Unterkunft. Die Ungewissheit macht uns fertig.

Trotz allem sind wir wieder zuversichtlich und wollen unseren Traum noch nicht aufgeben. Die nächsten Tage werden entscheiden, denn schon in fast 2 Wochen geht unser Flug nach Australien. Mit oder ohne uns, wir werden sehen.

Drückt uns die Daumen und danke allen, die uns Mut zugesprochen und an uns gedacht haben ❤️.

Da gibt es noch andere, denen es beschissen geht 😂:

Für noch mehr Einblicke in unseren Veloalltag schaut euch unser neustes Video an:

9 Kommentare zu „Je länger man kämpft, umso schwerer wird es aufzugeben“

  1. Liebe Weltenbummler
    Danke vielmals, dass ich Dank euren wunderschönen Fotos und Texten, in Gedanken mitfahren darf auf eurer abenteuerlichen Reise. Wünsche euch beiden gute Besserung und weiterhin eine gute Zeit, allzeit gute Fahrt und viel Gfreuts, wo auch immer ihr seid:)
    Lieber Gruss
    Marleen

  2. Liebe Abenteurer
    Grandiose Bilder, wie immer.
    Ich wünsche euch viel Energie und rasche Genesung! Das kommt gut. Ab in den Frühling und Sommer auf die Südhalbkugel!

    Alles Gute und liebe Grüsse
    Baldi

  3. Hallo nicole und beni. Stephanie, meine frau verfolgt euch seit anbeginn. Wir sind das ältere ehepaar das euch auf dem staufenberg interviewt hat als beni seine drohne testete und ihr mir und meinem freund noch die hammer velos gezeigt habt. Ihr, 2 starke junge menschen mit einem unkaputbaren willen. Möge die reise in eurem sinn zu ende gehen. Ich hoffe und wünsche euch auch im normalen alltag ein gutes gelingen und dass die beziehung stark bleibt. Liebe grüsse von markus und stephanie aus lausen👍🚴🚴🏾‍♀️

  4. Stephanie Bühler

    Hallo ihr beiden♥️
    Seit anbegin verfolge ich euer abenteuer.toll , was ihr so schon erlebt habt…. Wir haben euch auf dem staufberg getroffen, am 24.1.21, als beni seine drohne getestet hat. Schon dort waren wir von eurer idee der reise beeindruckt.
    Nun wünsche ch euch mur und kraft für die kommende zeit, sodass ihr den richtigen entscheid trefft, wie / ob es weitergehen soll.
    Herzliche grüsse und viel positive energie aus dem badelbiet für euch beide.👍😊
    Gruss Stephanie. ( ehefrau von markus😃)

  5. Liebe Weltreisenden,
    Vielen Dank für Euren Bericht und die wunderschönen Bilder. Ich habe das starke Gefühl dass die Gesundheitsprobleme direkt mit dem nassen und kalten Wetter zusammenhängen und Australien wird gerade das Gegenteil bieten. Alles Gute,
    Henryk

  6. Silvan Peterhans

    Lieber Beni, liebe Nicole,
    Wisst ihr eigentlich, wie privilegiert ihr seid? Ihr habt schon monatelange Velotouren gemacht, auf denen ihr die schönsten Gegenden gesehen habt, interessante Begegnungen mit den verschiedensten Menschen, musstet Unbillen von Natur, Wetter, Krankheiten und Gelände ertragen, habt aber auch wunderschöne Gegenden und interessante Städte gesehen. Auch als Paar haben euch diese Erlebnisse zusammengeschweisst. Viel, was euch das Leben schwer gemacht hat, habt ihr mit einer grossen Portion Humor weggesteckt. Von mir aus kommt eine herzliche Gratulation und grosse Bewunderung für euer Veloprojekt.
    Ich bin sicher, ihr trefft die richtigen Entscheide für die Fortsetzung oder den Abbruch der Reise und wünsche alles Gute. Herzlich grüsst Silvan

  7. Nur nicht aufgeben, irgendwann geht die Sonne wieder auf.
    Viel Glück und Freude in Australien wünscht euch
    Fritz Keller

  8. Lieber Beni, liebe Nicole
    mit jeweils grosser Verzögerung lese ich jeweils eure Berichte..
    Diese Landschaft ist wirklich sagenhaft schön!..
    Aber eben, das Klima umso rauher, unberechenbarer..
    Wenn man da nicht fit ist..
    Ich verstehe euch gut.. Sooo schade, dass ihr nicht zwäg seid.. Es tut mir sehr leid !
    Ich finde es aber gut, hört ihr auf euren Körper und zwängt nicht einfach etwas durch.
    Es ist nicht einfach, so einen Entscheid zu fällen.. und wenn man in die Zukunft schauen könnte..
    Ich habe gerade gehört, dass ihr euch entschieden habt, nach Hause zu fahren..
    Wie heisst es so schön: “ Nie aufzugeben ist eine Sache, eine andere zu merken, wann man aufhören muss“.
    Hey, zerrt an euren schönen Erinnerungen, werden wieder richtig fit und alles andere ergibt sich von alleine!
    Fühlt euch umarmt und willkommen!
    Yvonne

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