Geht gar nichts mehr, kommt von irgendwo ein Ärztlein her

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Schon nach ein paar Minuten an Bord des weltberühmten Hurtigruten Schiffs, welches uns in gut 17 Stunden von Trondheim nach Nesna bringt, fühlen wir uns pudelwohl.
Auf unserer Erkundungstour entdecken wir unter anderem eine Sauna mit Panorama-Fenster, eine Kaffeemaschine mit gratis Kaffee (für Beni sehr wichtig 😊), bequeme Sitzmöglichkeiten mit Aussicht und zu guter Letzt zwei Whirlpools auf dem Schiffsdeck 😍!
Da fast alle Passagiere an Bord eine Pauschal-Schiffsreise gebucht haben und für mehrere Wochen an Board bleiben, gibt es alle paar Stunden irgend eine Aktivität, wie einer Verköstigung oder einem Vortrag über Norwegen inklusive Sprachkurs oder Informationen und Bilder über die Gegend, welche die Passagiere am nächsten Tag erwartet.
Auf dem Schiff senken wir das Durchschnittsalter bestimmt um einige Jahre, die grosse Mehrheit sind Rentner aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Bei diesen Möglichkeiten und der spektakulären Aussicht verstreichen die Stunden wie im Flug. Es wurde Zeit für die Schlafplatzsuche, denn reist man weniger als 23 Stunden, braucht man keine Kabine. So machten wir es uns in einem kleinen, in der Nacht nicht benutzten, Konferenzsaal gemütlich und versuchten noch ein paar Stunden zu schlafen, denn unser Schiff sollte um 6 Uhr morgens in Nesna andocken.
Schnell merkten wir, dass unterhalb unseres „Schlafplatzes“ die Schiffs-Andockbrücke platziert war. So hatten wir an jedem Hafen eine gratis Ganzkörper-Vibrations-Massage, ob wir nun schlafen wollten oder nicht.
So erreichten wir Nesna pünktlich und ohne Schlaf um 6 Uhr morgens.

Für unsere „Tipps und Tricks“ Kiste haben wir hier folgenden Hinweise bezüglich dem Hurtigruten Schiff:

Die Webseite ist nicht besonders übersichtlich gestaltet, darum als erstes gleich die wichtigste Seite:
https://global.hurtigruten.com/port-to-port/#/
Hier kann man, wie der Link schon verrät, eine Fahrt von Hafen zu Hafen buchen, ähnlich wie beim Schienenverkehr. Da man so eine Teilstrecke ohne Kabine buchen kann, ist der Preis um einiges günstiger als wenn man eine der Pauschalreisen bucht! Hier gilt aber, sobald die Fahrt länger als 23 h dauert, müsst ihr eine Kabine buchen.
So haben wir für uns beide inkl. Velos von Trondheim nach Nesna (17 Stunden) ca. CHF 300.- bezahlt.
Achtung: Die Velos müssen separat gebucht werden, entweder vor Ort am Hafen oder wer ganz sicher gehen will ruft die deutsche Hotline (+49 4087409353) an. Auf der Webseite kann man sie leider nicht auswählen.
Essen/Trinken solltet ihr selber an Bord mitbringen, denn ein normales Bier kostet auf dem Schiff ca. CHF 11.-.
Es gibt ein Gepäckraum, wo man seine Velotaschen aufbewahren kann und sie auch während der Fahrt zugänglich sind.

In Nesna, zurück auf unseren Velos, ist der trockene, warme und luxuriöse Spass dann auch schon wieder vorbei. Völlig übermüdet suchen wir bei gewohnten 12 Grad und Regen die erstbeste Gelegenheit unser Zelt aufzuschlagen und ein paar Stunden Schlaf nachzuholen.
Als uns ein paar Stunden später eine Stimme mit den Worten „Hello hello, you can’t stay here!“ weckte, ahnten wir Schlimmes.
So haben wir in dem Land mit dem Jedermannsrecht in den frühen Morgenstunden tatsächlich eine winzig kleine Camping-Verbotstafel übersehen.
Also packten wir im unterdessen strömenden Regen und der völlig versumpften Wiese unsere sieben Sachen zusammen. Auf dem Grundstück (eine Art Freizeitpark mit Feuerstelle etc.) durften wir dann zum Glück in einer Hütte Zuflucht suchen und sogar dort drin nächtigen. Auch wenn sich in die kalt/feuchte Hütte mit den kleinen Fenstern kaum ein Lichtstrahl verirrte, waren wir um das Dach über dem Kopf sehr dankbar.

Wir hoffen ihr hattet einen angenehmeren 1. August / Nationalfeiertag 🇨🇭!

Tags darauf blinzelten wir beim Verlassen der Hütte in das Sonnenlicht, ist dies eine Halluzination 😄? Nein, tatsächlich war vorausgesagt, dass die nächsten 1 1/2 Tage die Sonne scheinen soll.
So erlebten wir einen wunderschönen Streckenabschnitt entlang eines Fjordes. Dies bedeutete zwar einen Umweg von über 50 km zu bestreiten, was sich aber mehr als gelohnt hat. Wir wurden mit einer traumhaften Aussicht belohnt. Als wir dann noch einen Zeltplatz direkt am Strand gefunden haben und sogar ein erfrischendes Bad nehmen konnten, wägten wir uns im 7. Himmel. Um 1 Uhr morgens wurde unser Schönheitsschlaf dann abrupt beendet, als uns das Zelt um die Ohren flatterte. Fast alle Heringe haben sich durch die plötzlich aufkommenden Windböen aus dem Sand gelöst und wir mussten in einer Nacht- und Nebelaktion Steine und Hölzer zur Befestigung organisieren.

Nach dem Frühstück machten wir uns rasch auf den Weg, denn wir wollten die Sonnenstunden bis zum Mittag noch voll auskosten. Leider fühlte sich Nicole zu diesem Zeitpunkt schon nicht so wohl, jede Steigung fühlte sich an, als wäre es ein Bergpass, der zu überwinden war. Nach der zufälligen Begegnung auf der Fähre mit einer Freundin von Nicole, ging dann gar nichts mehr. So entschlossen wir uns, das Zelt wenige Meter nach der Fährenstation aufzustellen.
So kann es nicht weitergehen – schon zum dritten Mal innert kurzer Zeit hat Nicole Fieber und starke Müdigkeitsschübe. Wir entscheiden uns einen Arzt zu konsultieren, was hier im hohen Norden gar nicht so einfach ist, wie wir noch merken werden…
Zuerst erkundigen wir uns bei der Versicherung, wie wir vorgehen müssen. Mehr zu unserer Reiseversicherung unter Tipps und Tricks (Wie melde ich mich als Schweizer von der Schweiz ab? Was sind die Vorteile?).
Als wir dem freundlichen Mitarbeiter unseren Standort mitteilten, meinte er nur wir befinden uns nicht am idealen Ort, um krank zu werden. Er könne keinen Arzt in der Nähe finden, wir sollen am besten die Einheimischen um Rat fragen.
So machte sich Beni auf zum nächsten Supermarkt und bekam die Info, dass man sich in Norwegen über die Nummer 116 117 melden muss und dann mit dem entsprechenden diensthabenden Arzt in der jeweiligen Region verbunden wird. Das erste Problem war, dass die Nummer nur über eine norwegische SIM-Karte erreichbar ist. Nach diversen Versuchen platzte Beni der Kragen und er rief die Notfallnummer 113 an, wo wir dann weiterverbunden wurden.
Wir wurden nochmals zwei Mal weitergeleitet, bis wir dann endlich bei einem Arzt gelandet sind. Da die Praxis 2 1/2 Velostunden von uns entfernt war, baten wir um einen Termin für den nächsten Tag. So hätten wir genügend Zeit, um dorthin zu gelangen. Der Arzt meinte wir bräuchten ja keinen Termin, wenn wir noch Velofahren können 😂! Wir sagten ihm, dass wenn wir eine andere Möglichkeit hätten, wir das gerne vermeiden würden. Die ganze Situation fanden wir nicht so lustig, denn es gibt definitiv Angenehmeres als bei strömendem Regen (teilweise konnten wir ihn kaum verstehen, so laut war es im Zelt) und krank mitten im Nirgendwo im Zelt zu liegen. Schlussendlich erhielten wir nach über 2 Stunden rumtelefonieren einen Termin.

Nicole fühlte sich am nächsten Tag noch schlechter, der Fall war klar, wir mussten irgendwie eine Mitfahrgelegenheit organisieren. Beni fuhr zur Fährenstation, wo er den erstbesten Camper zu sich winken konnte. Er schilderte unsere Situation und die 5-fünfköpfige, extrem nette Familie aus Holland erklärte sich sofort bereit uns mitzunehmen. Nach einer nur 30-minütigen Fahrt und einem spannenden Austausch über Reisegeschichten lieferten sie uns bei der Praxis ab. Wir sind immer wieder froh, in solchen Fällen als Dank unsere Sackmesser-Mitbringsel dabei zu haben – die Kinder freuten sich riesig darüber.

Durch die Mitnahme erreichten wir die Praxis vor unserem Termin, vielleicht war das unser grosses Glück, denn wir erhielten einen früheren Termin bei Artur, einem Chirurgen aus Oslo, der zur Aushilfe hier in der Praxis arbeitet. Bei ihm fühlten wir uns verstanden und er versuchte mit der rudimentären Ausrüstung, die ihm zur Verfügung stand, eine Diagnose zu stellen. Er konnte nichts Auffälliges feststellen und veranlasste diverse weitere Laboruntersuchungen. Da wir auf die Ergebnisse warten mussten und an eine Weiterfahrt sowieso nicht zu denken war, mussten wir noch eine Unterkunft finden. Dabei half uns die Krankenschwester der Praxis, die uns ein Zimmer im nächstbesten „Hotel“ buchte. Der Aufenthalt schmerzte zweifach, denn jede Nacht kostete uns CHF 100.- in einem sehr einfach ausgestatteten Zimmer mit Möglichkeit, um draussen im Regen auf unserem Kocher zu kochen 😅. Für den Einkauf musste Beni jeweils die Fähre nehmen und dann noch 10 Minuten mit dem Velo zum Laden fahren. Alles in allem eine 2-stündige Ausfahrt.

Falls wir Hilfe benötigen, hat uns Artur seine Privatnummer gegeben. Da Beni langweilig war, fragte er Artur, ob er mit zum Fischen kommen kann. Nachdem Beni zwei Mal mit ihm auf Fischtour gewesen war, entstand eine gute Freundschaft und Artur bot uns sogar an, dass wir in seine temporäre Wohnung (neben der Praxis) ziehen können 😮!
Wie unglaublich nett, wir dürfen gratis bei ihm wohnen und essen. Abends kochen wir zusammen und es ist immer sehr lustig mit ihm.

So konnte sich Nicole in ganzen 1 1/2 Wochen fast ganz erholen, ohne dass wir unser ganzes Monatsbudget für diese Zeit aufbrauchen mussten. Wir versuchen nun morgen (Sonntag) weiter zu fahren und in kleinen Schritten doch noch zu den Lofoten zu gelangen. Auch die Wetteraussicht sieht einiges besser aus als auch schon.

❤️ Vielen Dank an alle Personen, die uns und besonders Nicole in dieser Situation so geholfen haben! ❤️

Für noch mehr Einblicke in unseren Veloalltag schaut euch unser neustes Video an:

2 Kommentare zu „Geht gar nichts mehr, kommt von irgendwo ein Ärztlein her“

  1. Liebe Nicole, lieber Beni,
    Ihr macht schon ganz harte Sachen. Vielen Dank für die tollen Berichte und weiterhin alles Gute, vor allem bleibt gesund.
    Schönen Gruß,
    Henryk

  2. PETER UND MARLENE FREY Y BIRR

    LIEBE NICOLE, LIEBER BENI,
    NUR GANZ KURZEN KOMMENTAR, DER ABER NACHHALTIG UND REALISTISCH BLEIBEN SOLL
    NICOLE, GRATULIERE ZU DEINEM ABENTEUER PARTNER BENI. TOLL BENI WIE DU DICJH IN NOT
    UM DAS WOHLBEFINDEN DEINER NICOLE VIELSEITIG UND GRENZENLOS ENGAGIERT HAST,
    BIS ENDLICH EIN „AERZTLEIN“ IRGENDWOHER AUFTAUCHTE, MIT DEM RISIKO EINER FEHLDIAGNSOSE EINES UNKOMPRTENTEN „AERZTLEINS“. ABER IMMERHIN, BESSER ALS KEIN „AERZTLEIN“. DIES IST KEINE BELEHRUNG UNSERERSEITS AN EUCH BEIDE. ABER IHR HABT SICHER EINE VERSICHERUNG MIT WELCHER EINE REPATRIIERUNG PER FLUGZEUG DER
    „R E G A“ ODER „AAA BIRRFELD“ MÖGLICH WÜRDE IM SCHLIMMSTEN FALL,
    NOCHMALS BENI, DAS HAST DU WIRKLICH GROSSARTIG MIT EINER UMSICHTIGEN DUCHSETZUNG BIS ZUR LÖSUNGSVARAIANTE GEMACHT!!! LIEBE NICOLE, AUF BENI KANNST UND DARFST DU DICH WEITERHIN VERLASSEN. WIR WÜNSCHEN EUCH WEITERHIN ALLES GUTE MIT DEN BESTEN WÜNSCHEN HÄBET SORG UND BLIEBET GSUNG IN DER POLARZONE.
    SO VERBLEIBEN WIR MIT EUCH IM KONTAKT MIT HERZLICHEN GRÜSSEN PETER UND MARLENE F R E Y AUS DEM PESTALOZZI DORF B I R R .

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