Ab nach Georgien ⛴ – oder doch nicht?

Die „nur noch“ 190 km nach Odessa, welche wir auf 3 Tage aufteilen wollten, stellten sich als grösste Herausforderung unserer bisherigen Reise heraus. Am 1. Tag wechselten sich Regen und Sonne und somit Regenkleider an- und ausziehen im 30 Minuten Takt ab. Schlussendlich kapitulierten wir und liessen uns vom Regen berieseln.
Am 2. Tag freuten wir uns auf besseres Wetter und abgelegene Strassen und Dörfer. Bei der Routenplanung bemerkten wir ein kleines, 4 km langes Zwischenstück, welches als unbefestigte Strasse eingezeichnet war. Wir haben uns dabei nicht viel gedacht, da dies grundsätzlich die Regel ist, auch wenn die Strasse als befestigt eingezeichnet ist. Wir kamen also zu Beginn gut vorwärts, genossen die einigermassen guten Strassen und schönen Mohnfelder.

Bei einem kleinen Dorf, Volodymyrivka (kurz vor der unbefestigten Strasse), angelangt, wies uns eine Anwohnerin mit Handzeichen darauf hin, dass die Strasse weiter vorne nicht passierbar wäre. Daraufhin antworteten wir mit dem Translator, dass wir bereits einige schlammige Strassen durchquert haben und dies kein Problem sei.
Als sie uns 5 Stunden später in Schlamm gehüllt wiedersah, schmunzelte sie nur. Nun zu unserem 5-stündigen Abstecher (bei dem wir sagenhafte 2 km zurücklegten 😂):
Die ersten paar Meter konnten wir unsere Velos noch einigermassen gut durch den lehmartigen, sich am ganzen Velo verklebenden Schlamm stossen. Doch schon bald wurde der Schlamm tiefer und tiefer, die Velos schwer wie Blei und beide Räder blockierten immer wieder komplett.
Als es weder vorwärts noch rückwärts ging und wir bis zu den Knöcheln im Schlamm steckten, mussten wir uns entscheiden. Entweder wir schieben/tragen die Fahrräder für weitere 3 km oder kehren um und nehmen einen Umweg von mindestens 30 km in Kauf. Da unsere Kräfte beinahe schon vollständig aufgebraucht waren und Beni’s Schutzblech vom Schlamm weggesprengt wurde, kehrten wir um.
Auf den letzten Metern des Rückwegs begann es heftig zu gewittern und wir konnten gerade noch Schutz bei einer Bushaltestelle finden. Endlich hatten wir Gelegenheit, um 16 Uhr unser „Mittagessen“ zuzubereiten und den Regen abzuwarten. Noch während dem Essen lief uns ein Mann mit seinem Sohn entgegen und machte uns, wieder mit Handzeichen, klar, dass wir bei ihnen übernachten dürfen. Es war eine einmalige Gelegenheit Einblick in das einfache Dorfleben zu erhalten. Kein fliessendes Wasser, viele Stromausfälle, keine Dusche, Plumpsklo im Garten und hauptsächlich selbstversorgend gestaltet sich das Leben.

Zum Glück haben wir für solch nette Menschen ein Mitbringsel aus der Schweiz dabei und wir konnten dem Jungen mit einem kleinen Schweizer Sackmesser eine Riesenfreude machen 😀.

Uns hatten sämtliche Kräfte verlassen, weswegen wir uns dazu entschlossen den Rest der Strecke mit dem Zug zurückzulegen.
Dazu mussten wir zuerst den 30 km langen Umweg und dann weitere 30 km bis zum nächsten Bahnhof fahren. Das alles auf gut Glück, da wir keinen Fahrplan gefunden haben und uns niemand wirklich sagen konnte, ob wir die Velos in den Zug nehmen können.
Es hat geklappt 😃, wir und unsere Velos sind für CHF 4 die restlichen 70 km mit dem Zug nach Odessa gefahren!

In Odessa angekommen werden wir von Alex mit seinem abenteuerlichen Klappvelo abgeholt und wir fahren zusammen zu seiner Wohnung, wo wir für die nächsten Tage seine Warmshowers Gäste sein dürfen. Dank ihm kommen wir an sehr spannende Orte in der Stadt, fernab vom normalen Tourismus. Er nahm uns mit zu einer Party, wo experimentelle Musik gespielt wurde, das kann man sich so vorstellen, dass Leute aus Alltagsgegenständen Instrumente fertigen wie z.B. aus einem rostigen Stück Blech. Des Weiteren besuchten wir mit ihm zusammen einen geheimen, verlassenen, verfallenen Industriekomplex mit einem Privatstrand-Abschnitt direkt am Schwarzen Meer.

Alex hat uns auch geholfen, den PCR-Test zu machen, um am 22.6. die Fähre nach Georgien nehmen zu können.
Jetzt ist es aber so, dass uns am Vorabend aufgefallen ist, dass sich das Abfahrtsdatum um einen Tag nach hinten verschoben hat – ohne dass wir darüber informiert wurden. Am Telefon wurde uns dann mitgeteilt, dass unsere Fähre einen Maschinenraumbrand erlitt und somit auf unbestimmte Zeit ausfällt. Im Moment ist bei der Fährenfirma die Kacke am dampfen und es bleibt uns nichts anderes übrig als 1-2 Tage abzuwarten bis weitere Infos folgen. Wir spielen auch mit dem Gedanken, falls es nicht anders geht, die Fähre in die Türkei zu nehmen. Mal schauen, wo uns das Schicksal hinführt 😃.
In der Zwischenzeit schlendern wir durch die Stadt und erledigen diverse Kleinigkeiten. Wir freuen uns jetzt schon, den PCR-Test nochmals zu wiederholen 🤪.

7 Kommentare zu „Ab nach Georgien ⛴ – oder doch nicht?“

  1. „Manchmal bringt uns sogar Schlamm und ein Maschinenraumbrand zu den richtigen Orten….“
    Eure Bilder und euer Video ist wieder so beeindruckend, aber die wahren Helden….
    das seid natürlich ihr.

    En liebe Gruess (d Mame) Heidi

  2. Eure haarsträubenden, kulturschockierenden und herzerwärmenden Abenteuer sind immer wieder eine wunderbare Flucht aus dem Otelfinger Alltag. Vielen Dank für die tollen, lebendigen Berichte!
    Geniesst es, haltet durch und bleibt fröhlich! Ich wünsch euch noch viele tolle Begegnungen und freu mich schon darauf, daran teilzuhaben!

  3. Das ist die Schwarzerde. Und nach dem Regen muss man nicht auf die Schwarzerde treten, wie die Leute euch gezeigt haben. Auf einer solcher Erde wachsen die leckersten und süssesten Beeren und Gemüse. 🙂

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